Rheinsteig wandern – Burgen, Höhenmeter und spektakuläre Ausblicke
Warum in die Ferne schweifen…? Vom Rhein-Main-Gebiet aus liegt einer der schönsten Wanderwege Deutschlands quasi vor der Haustür. Den Rheinsteig wandern bedeutet auf 320 km Länge jede Menge Höhenmeter überwinden und spektakuläre Ausblicke genießen.
Für den kompletten Rheinsteig benötigt man circa drei Wochen. Auf der offiziellen Rheinsteig-Homepage sind 21 Etappen ausgewiesen. Ambitionierte Wanderer können sicher auch einige Etappen zusammenfassen. Der Startpunkt liegt in Bonn, das Ende in Wiesbaden-Biebrich oder umgekehrt.
Für mich erscheint es irgendwie logischer, von Norden nach Süden zu laufen. Drei Wochen wandern am Stück ist momentan leider nicht möglich. Deswegen picke ich mir Teilabschnitte heraus. Dafür eignen sich einzelne Tage und verlängerte Wochenenden.
Inhaltsverzeichnis
Braubach – Kamp-Bornhofen (18 km)
Mit zwei Freundinnen starte ich diese Etappe in Braubach und wir werden fünf Tage den Rheinsteig wandern. Wir erlaufen uns dabei das obere Mittelrheintal bis in den Rheingau hinein. Alles, was wir brauchen, haben wir in unseren Rucksäcken dabei und übernachten in einer Ferienwohnung in Kaub.
Zu Beginn geht es gleich mal richtig steil zur Marksburg hinauf. Ein kleiner Vorgeschmack auf die kommenden Auf- und Abstiege. Aus der Puste kommen wir oben an und werden direkt von amerikanischen und chinesischen Reisegruppen begrüßt. Der Parkplatz steht voller Reisebusse und Reiseleiter schwenken ihre rote Fähnchen. Die Marksburg ist ein fester Programmpunkt bei vielen Flusskreuzfahrten und wir staunen nicht schlecht über den Trubel in der Burg.
Hinter der Marksburg geht es dann sehr schnell viel ruhiger weiter. Der Weg führt durch mehrere dicht bewaldete Seitentäler und immer wieder erreichen wir Stellen mit wunderschönen Ausblicken auf das Rheintal.
Gegen Ende dieser Rheinsteig-Etappe wird es deutlich lichter und fast mediterran. Über Obstwiesen geht es an Filsen vorbei. In dem kleinen Ort gibt auch ein paar Einkehrmöglichkeiten. Ein letzter Anstieg bringt uns wieder nach oben bevor bis wir zu unserem heutigen Ziel Kamp-Bornhofen absteigen.
Kamp-Bornhofen – St. Goarshausen (22,7 km)
Es geht zunächst wieder steil nach oben. Die Auf- und Abstiege auf dem Rheinsteig haben es wirklich in sich. Aber so sind wir wenigstens aufgewärmt und beschließen während des Wanderns, dass wir heute zwei Etappen zusammenfassen. Wir sind hochmotiviert und es läuft wirklich gut.
Wir erreichen einen wunderbaren Aussichtspunkt mit Blick auf die Burg Sterrenberg und verschnaufen ein paar Minuten. Gleich geht es wieder ein Stück runter und wir sehen bereits, wie sich der Weg auf der anderen Seite zur Burg Liebenstein hinauf schlängelt.
Danach meistern wir noch einen letzten Anstieg, bevor der Weg relativ eben bis nach Kestert führt. Am Hang entlang geht es mit wunderbaren Ausblicken auf den Rhein weiter und schließlich steil nach Wellmich hinunter.
Steil runter bedeutet meistens auch wieder hoch. Und wir lernen schnell, dass auf den Etappen im Mittelrheintal mal eben 600 Höhenmeter rauf und 600 Höhenmeter nichts Besonderes sind.
Schön abwechslungsreich führt diese Etappe auf dem Plateau oberhalb des Rheintals auch mal vom Hang weg über Wiesen und schließlich steil hinunter nach St. Goarshausen.
Heute sind wir lange unterwegs und hungrig. Und haben knapp den Zug nach Kaub zu unserer Ferienwohnung verpasst. Wir müssen in St. Goarshausen eine Stunde auf den nächsten Zug warten und holen uns etwas zum Essen auf die Hand. Erschöpft setzen wir uns auf die erstbeste Mauer, die wir finden können. Uns bietet sich ein eher trostloser Anblick, der so gar nicht zu dem idyllischen Wandern auf dem Rheinsteig passt. Der Bahnhof von St. Goarshausen ist hässlich, runtergekommen und wirklich nicht hübsch anzuschauen.
St. Goarshausen – Kaub (21 km)
Dieser Abschnitt ist so etwas wie die Rheinsteig Königsetappe. Uns erwartet heute der Loreley Felsen mit 990 m Aufstieg und 1000 m Abstieg.
Der bereits gewohnte Aufstieg als Warm Up wird mit einem ersten schönen Blick auf die Loreley Statue im Rhein sowie die Burg Katz mit dem Loreley Felsen im Hintergrund belohnt.
Ein Burgfräulein weist uns wenig später den Weg bergauf zum Loreley Felsen. Wir erreichen das Plateau und erhalten fast eine Rund-um-Sicht. Freilichtbühne, Restaurant, Sommerrodelbahn, Parkplätze, alles da. Meine Freundin trällert das Loreley-Lied und Heinrich Heine wäre sicher stolz gewesen.
Wir wandern weiter sehr abwechslungsreich über Wiesen, durch kleine Täler Richtung Dörscheid. Immer wieder passieren wir kleine, steile Auf- und Abstiege. Zum Teil sind diese mit Drahtseilen versehen und erfordern Trittsicherheit.
Auch auf dieser Etappe wird das Wandern auf dem Rheinsteig oft mit tollen Ausblicken versüßt und erste Weinhänge kündigen den Rheingau an. Wir steigen steil ab nach Kaub zu unserer Unterkunft und sind heute wirklich platt, aber auch sehr zufrieden.
Kaub – Lorch am Rhein (13,6 km)
Nach den anstrengenden Etappen der letzten Tage freuen wir uns heute auf eine kürzere Strecke. Zudem ist das Wetter diesig und kalt und wir laufen im Regen los. Die wenigen Sachen, die wir dabei haben, schichten wir alle übereinander und freuen uns heute richtig auf den Aufstieg, damit uns schnell warm wird. Von oben können wir gut die Burg Pfalzgrafenstein sehen, die bei Kaub auf einer Insel im Rhein liegt.
Wir laufen auf relativ bequemen Wegen Richtung Rheingau und kommen von Rheinland-Pfalz nach Hessen. Am Tor zum Rheingau tragen wir uns in das Gästebuch ein.
Es gibt bis auf den Abstieg nach Lorch keine nennenswerten Auf- oder Abstiege, obwohl wir auch auf dieser Etappe über 700 m hoch und über 700 m runtergehen. Rheinsteig wandern bedeutet hier zunehmend auf flachen und breiten Wege unterwegs zu sein und es fühlt sich alles nicht mehr ganz so anstrengend an.
Lorch am Rhein – Assmannshausen (14,4 km)
Diese Etappe bin ich ein paar Wochen zuvor mit meinem Mann gelaufen. Von Kaub aus führt der gelb markierte Zubringerweg auf den eigentlichen Rheinsteig und wir laufen nach einem längeren Aufstieg zunächst auf breiten Wegen mit sanften Steigungen, den Rhein immer im Blick.
Nach der Hälfte der Etappe wird der Weg felsig, schmaler und steigt nochmal deutlich an. Es geht durch Birkenwäldchen, durch dichten Wald mit einzelnen, schönen Aussichtspunkten und schließlich lange bergab. Zunächst recht steil auf schmalen, steinigen Wegen, später noch lange auf Asphaltwegen nach Assmannshausen. Im Vergleich zu den vorhergehenden Etappen empfinde ich dieses Teilstück als eher unspektakulär.
Assmannshausen – Kühns Mühle / Oestrich-Winkel (22,6 km)
Meine Freundinnen und ich fassen wieder zwei Etappen unserer Rheinsteig-Wanderung zusammen. Das ist locker zu schaffen, wenn man morgens zeitig startet. Wir brechen gegen 8 Uhr auf. Dieses Mal gibt es als Alternative zum mühsamen Aufstieg einen Sessellift ab Assmannshausen. Doch unser Wanderehrgeiz ist geweckt. Wir lassen den Lift links liegen und laufen hoch zum Jagdschloss Niederwald.
Am Hang entlang geht es mit Blick auf Bingen und den Mäuseturm bis zum Niederwalddenkmal.
Hier ist es schlagartig voller und die Seilbahn bringt jede Menge Touristen von Rüdesheim herauf. Wir sind in Wanderkluft mit dicken Rucksäcken und seit Tagen in denselben Klamotten samt entsprechendem Geruch hier Ausnahmen. Die Landschaft ändert sich deutlich. Das Rheintal wird breiter, die Hügel werden flacher und man kann weit über den Rheingau blicken.
Bis zum heutigen Ziel Oestrich-Winkel verläuft der Rheinsteig überwiegend oberhalb des Rheins entlang der Weinberge. Wir erreichen die Benediktinerinnenabtei Sankt Hildegard und gegen Ende der Etappe Schloss Vollrads.
Heute spüren wir deutlich unsere Füße und der Abstieg zum Bahnhof in Oestrich-Winkel zieht sich gefühlt endlos über Asphaltwege hinunter ins Tal. Scheinbar erwecken wir Mitleid, denn eine Autofahrerin bietet an, uns die letzten 1,5 Kilometer bis zum Bahnhof mitzunehmen. Trotz Wanderehrgeiz fällt es uns heute nicht schwer, das Angebot anzunehmen.
Rheinsteig wandern: Beschilderung
Der Rheinsteig ist wirklich sehr gut und übersichtlich ausgeschildert. Zumindest auf den Etappen, die wir gewandert sind. Bis auf zwei kleine Verwirrungen fanden wir problemlos den Weg. Wobei es auch sein kann, dass wir einfach mal ein Schild übersehen haben, das lässt sich im Nachhinein schwer rekonstruieren.
Das blaue Rheinsteig Zeichen weist jeweils die Etappe. Sieht man es in gelb, deutet es den Zubringerweg vom Tal bis nach oben oder umgekehrt. Ab und an findet sich auch eine rote Markierung und bietet einen alternativen Rheinsteig Rundweg als Tageswanderung an.
Die Markierungen werden durch zahlreiche Wegweiser mit den jeweiligen Kilometerangaben ergänzt.
Rheinsteig wandern: Logistik
Wie man sich logistisch am besten den Rheinsteig erwandert, darüber haben wir uns im Vorfeld sehr viele Gedanken gemacht.
Für unsere 5-Tagestour haben wir uns für eine feste Station entschieden. Wir hatten eine Ferienwohnung über AirBnb und sind sehr früh morgens mit der Rheingaulinie der VIAS-Bahn zum jeweiligen Startpunkt und abends wieder zur Ferienwohnung gefahren. Das funktioniert gut, wenn die Bahn pünktlich kommt und die Startpunkte nicht zu weit entfernt liegen. Ansonsten werden die Fahrzeiten zu lang und das klaut kostbare Wanderzeit für die jeweilige Etappe.
Reizvoll ist sicher auch, sich immer am jeweiligen Etappenende eine Unterkunft zu suchen und von dort aus am nächsten Tag weiterzuwandern. Da wir uns sehr kurzfristig für diesen Wandertrip entschieden haben, waren bei uns die Unterkünfte größtenteils schon ausgebucht und wir hätten leider kein durchgehendes Netz an Übernachtungen hinbekommen. Eine gute Übersicht über die Unterkünfte entlang der Strecke bietet die Homepage des Rheinsteigs.
Wenn man in der Nähe wohnt, bieten sich auch Tagestouren an. Man kann das Auto am Startpunkt abstellen und nach der Wanderung mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurück zum Ausgangspunkt fahren oder umgekehrt. Oder man fährt gleich mit den Öffentlichen hin und zurück.
Zelten ist auch eine Alternative. Es gibt eine ganze Reihe von Campingplätzen entlang des Rheinsteigs. Allerdings muss man dann täglich die ganze Campingausrüstung mitschleppen und das Wetter sollte auch passen. Sicherlich ist das die günstigste Übernachtungsmöglichkeit mit der höchsten Flexibilität.
Rheinsteig wandern: Fazit
Wer im Rhein-Main-Gebiet wohnt, hat den Rheinsteig relativ in der Nähe. Zumindest die südlichere Hälfte des Wanderwegs ist vom Frankfurter Raum aus logistisch recht einfach zu erreichen. Als eine große Hilfe empfinde ich hierbei die Regionalbahn „VIAS“, die ab Frankfurt einen großen Teil des Rheinsteigs abfährt. Einige Haltestellen Startpunkte markieren gleichzeitig den Start einer Rheinsteig Etappe.
Nicht schlecht gestaunt habe ich über die Höhenunterschiede im Mittelrheintal. Da geht es ganz ordentlich hoch und runter und an manchen Tagen bedeutete den Rheinsteig wandern Höhenmeter überwinden als sei man in den Alpen unterwegs. Die Ausblicke auf das Rheintal sind wirklich spektakulär und die Aufstiege mehr als lohnenswert. Im Rheingau wird das Rheintal breiter und die Steigungen sind weniger kräftezehrend. Das hat dann eher etwas von „Genusswandern“.
Sehr störend ist der Zugverkehr im Mittelrheintal. Rund um die Uhr schlängeln sich auf beiden Rheinseiten Personen- und Güterzüge durch das Tal und der Verkehr hört auch nachts nicht auf. Deswegen unbedingt eine Unterkunft nehmen mit dem Schlafzimmer nach hinten raus oder auch etwas weg von den Schienen. Unsere Ferienwohnung in Kaub lag sehr nah an den Gleisen und wir standen am Anfang senkrecht im Bett, als nachts die Güterzüge vorbeidonnerten. Ich kann nun die zahlreichen Protestplakate der Anwohner sehr gut verstehen.