Mecklenburger Seenplatte – Familienurlaub an den Rheinsberger Gewässern
Wir hatten nicht damit gerechnet, ein Paradies zu finden. Und haben uns ganz unerwartet in eine Gegend am Rande der mecklenburgischen Seenplatte verliebt, die wir bislang nicht wirklich auf dem Schirm hatten.
Inhaltsverzeichnis
Ferienhaus in Kleinzerlang / Rheinsberg
Auf der Hinfahrt dachte ich noch, ich hätte eine Unterkunft direkt in Rheinsberg in Brandenburg gebucht und merke erst unterwegs, dass wir wohl ein ganzes Stück von der Stadt entfernt wohnen. Noch ahnungslos ärgere mich, dass ich das übersehen habe. Unsere Airbnb-Unterkunft liegt im Rheinsberger Ortsteil Kleinzerlang, einem 300 Seelendorf knapp 13km nördlich der Stadt.
Kaum angekommen, trauen wir unseren Augen nicht, denn es erwartet uns eine wahnsinnig gemütliche Unterkunft in der ehemaligen Dorfschule von Kleinzerlang. Ein schöner Backsteinbau mit blauen Fenstern und Türen und einem riesigen Garten. Wir sind von der Stelle weg total begeistert, innen wie außen genau unseres. Das Erdgeschoss hat einen direktem Zugang zum Garten. Kein Schnick Schnack, dafür sehr individuell mit Charme. Hier fühlen wir uns gleich wohl und willkommen und auch die Kinder sind sofort begeistert und beginnen direkt damit, den tollen Garten zu entdecken.
Es ist erst Nachmittag und wir starten eine kleine Erkundungstour mit den Fahrrädern. Direkt hinter dem Haus können wir abseits der Straße zum See radeln und entdecken erste kleine, idyllische Hütten am Seeufer (die, die man auf den Postkarten der Mecklenburger Seenplatte sieht und sich immer fragt, wo die denn bitte sind?) und die Dorfbadestelle am Kleinen Pälitzsee. Alles wirkt trotz Sommerferien und Hauptsaison herrlich leer und friedlich. Sehr zufrieden mit den ersten Eindrücken lassen wir den Abend bei einem Glas Wein in unserem Garten ausklingen und freuen uns auf die nächsten Tage. Wir verbringen hier mit unseren beiden Kindern (5 und 8 Jahre alt) eine Woche Sommerferien.
Das Rheinsberger Seengebiet gehört zum südlichen Teil der Mecklenburgischen Seenplatte und besteht aus über 70 Seen und zahlreichen Kanälen. Der Großteil davon liegt im Norden Brandenburgs an der Grenze zu Mecklenburg Vorpommern. Ich habe da zugegebenermaßen am Anfang nicht so recht durchgeblickt und beim Anblick der Karte wurde mir vor lauter Seen und Kanälchen ganz schummrig vor den Augen. Und dann die Frage: Wo fangen wir hier eigentlich an und wo hören wir auf? Wir haben dann einfach irgendwo losgelegt und ganz wunderbare Plätze entdeckt.
Kajaktour mit Kindern auf dem Pälitzsee
In Kleinzerlang gibt es einen Bootsverleih am Ende der Dorfstraße. Kann man nicht verfehlen, so groß ist es da jetzt auch nicht. Wir mieten uns zwei Kajaks und entscheiden uns für eine Fahrt über den Kleinen Pälitzsee, dann weiter über den Canower See. Dort werfen wir voller Respekt einen Blick auf die (kleine) Schleuse in Canow und beschließen ganz schnell, dass uns das als Kajakanfänger auf unserer ersten Tour zu heikel ist. Erstmal vom Land aus zuschauen, wie das die anderen so machen.
Vom Canower See aus gibt es einen kleinen, verwunschenen Abzweig zum Narchowsee. Wir manövrieren die Kajaks unter Baumstämmen hindurch und an Wurzeln vorbei. Hier können keine Boote mehr fahren und es fühlt sich direkt nach Abenteuer an. Unser Sohnemann jubelt und auch wir Erwachsenen sind begeistert von der Ruhe und Natur und wollen mehr. Auf dem See ist das Paddeln schwergängig, er ist übersäht mit Seerosen. Wir halten an und lauschen. Es ist still. Kein Bootsgeräusch, nichts. Nur Vögel und Insekten. Eine Weile sitzen wir da, wollen uns nicht bewegen, nur staunen.
Direkt neben dem Bootsverleih ist ein Biergarten, hier kann man nach der Kajaktour etwas essen und trinken. Wir haben unser Picknick dabei und flitzen zur Dorfbadestelle. Bei dieser Hitze können wir es kaum erwarten.
Radtour: Diemitzer Schleuse – Tietzowsee – Zechliner Hütte (22 km)
Über Canow fahren wir zur Diemitzer Schleuse. Wir müssen ein ganzes Stück an der Straße entlang, aber da nur sehr wenig Verkehr ist, funktioniert das wirklich gut.
Nach 6 km sind wir am 1. Ziel und staunen nicht schlecht. Welch ein Verkehr auf dem Wasser! Zu beiden Seiten der Schleuse Hausboot hinter Hausboot. Wir suchen uns ein Bänkchen und schauen fasziniert eine Weile zu. Schleusen ist ein langsames Geschäft. 3-4 Boote rein, warten, rausfahren. Dann die Gegenseite. Die Paddler haben es dagegen richtig gut. Als Letzte rein und als Erste wieder raus. Im Kopf fange ich an zu rechnen während ich mir die Hausbootschlange betrachte und komme auf stattliche Wartezeiten.
Kurz hinter der Diemitzer Schleuse biegen wir links ab, kreuzen die Müritz-Havel-Wasserstraße und fahren 4 km entlang einsamer Wege bis nach Luhme. In dem kleinen Dorf halten wir bei Zollstock Axel. Und blicken an die Decke. Der Name ist Programm. Der Kiosk bietet eine originelle Gelegenheit zum Rasten und zu einem Plausch mit dem Besitzer.
Frisch gestärkt fahren wir weiter über Neumühle zur Ferieninsel Tietzowsee. Wir haben große Lust, nochmal aufs Wasser zu gehen und mieten uns ganz spontan an dem Bootsverleih der Ferieninsel zwei Kajaks.
Die Ausfahrt auf den Tietzowsee erfolgt ein kurzes Stück über den Jagowkanal und das hat wirklich etwas von Zubringerstraße. Wieder staunen wir über die schönen kleinen Häuser am Ufer mit direktem Seezugang. Hier ist deutlich zu spüren, dass wir uns mitten auf der Müritz-Havel-Wasserstraße befinden, die sich von der Müritz bis nach Rheinsberg zieht. Ständig ziehen Hausboote an uns vorbei und wir müssen aufpassen, dass wir nicht deren Fahrspur kreuzen. Die letzten Kilometer radeln wir entspannt über das Dörfchen Zechlinerhütte zurück nach Kleinzerlang.
Rheinsberg
Idyllisch am Grienericksee gelegen ist Rheinsberg der nächstgelegene größere Ort und hat ein sehenswertes Schloss mit einem großem Schlosspark. Da sich unsere Kinder weder für Kurt Tucholsky noch für Theodor Fontane interessieren, belassen wir es mit den historischen Besonderheiten und bummeln einfach durch die Stadt Richtung Uferpromenade. Ausgangspunkt ist bei uns die Touristeninformation am Markt. Von hier aus kann alles zu Fuß erkundet werden.
Und noch bevor wir es zum Schloss schaffen, landen wir in der Eisdiele. Mit Kindern liegen die Prioritäten irgendwie woanders. In der Eiszauberei mischen wir unser Eis selbst und erst nach harten Verhandlungen und dem Zugeständnis einer 2. Portion geht es weiter zum Rheinsberger Schloss. Im Sommer finden in der Stadt und im Schloss zahlreiche Veranstaltungen statt, zum Teil kostenlos. Hier lohnt in jedem Fall ein Blick in den Veranstaltungskalender von Rheinsberg. Wir laufen am Schloss vorbei durch den Schlosspark zum gegenüberliegenden Seeufer. Der Blick von hier aus auf das Schloss ist wundervoll.
Zurück in der Stadt schauen wir noch in einem Keramikstudio vorbei. Das hat in Rheinsberg eine lange Tradition und hier finde ich auch die wundervollen Tassen, die in unserem Ferienhaus stehen. Handgefertigte Einzelstücke mit Preisen um die 25€. Hier bin ich latent angespannt und sehe unsere Urlaubskasse proportional zu den möglichen Zerstörungen durch die Hände unserer Kinder schwinden. Ich würde gerne länger hier stöbern, aber ich muss raus, die Kinder vor mir herschiebend. Hungrig kehren wir in der Veggie Bar „Grünzeug´s“ ein. Hier gibt es in nettem Ambiente fleischlose Burger und Wraps für Gemüsefans.
Stechlinsee
Wir merken schnell, dass der 70 m tiefe Stechlinsee im Süden der Mecklenburgischen Seenplatte auf größere Besucherzahlen vorbereitet ist. Gut zu erkennen an dem einige hundert Meter entfernten, großen Parkplatz in Neuglobsow. Wir erreichen die Badestelle mit Imbiss und WC und suchen uns ein Plätzchen zum Schwimmen. Das Wasser ist unglaublich klar, angeblich kann man im tiefsten See Brandenburgs bei 10-12 Meter Wassertiefe noch den Grund sehen. Hier sind keine Motorboote erlaubt, der See darf nur mit Ruderbooten befahren werden.
In und um Kleinzerlang
Im Sommer gehen wir nach dem Abendessen gerne noch spazieren oder fahren noch ein paar Meter mit dem Fahrrad. Dabei entdecken wir nämlich oft Dinge, die wir tagsüber nicht wahrnehmen. Kleinzerlang mit seiner schönen Umgebung bietet sich dafür mehr als an. Wir haben dabei eine ganz verwunschene Badestelle am Canower See entdeckt.
Auch die Schleuse Wolfsbruch liegt in Spazierweite und ist für Kinder immer spannend. Am Ortseingang gibt es am Waldrand eine Holzbank. Dort beobachten wir in der Dämmerung Rehe beim Äsen und es kommt sogar ein Dachs vorbei.
Kajaktour auf dem Rhin
Ein Highlight dieser Woche ist die Kajaktour ab Rheinsberg über den Fluss Rhin. Wir starten an der Obermühle bei Rheinsberger Adventure Tours (R.A.T.). Es geht um 9:30 Uhr los und wir werden fünfeinhalb Stunden unterwegs sein.
Der Rhin ist nur vom 15. Juni bis 31. Oktober befahrbar. Und es hat es wirklich etwas von einem Abenteuer, denn ein umgefallener Baum bleibt einfach im Fluss liegen und wir müssen oft kräftig paddeln, um alle Hindernisse zu umfahren. Gelegentlich bleiben wir völlig unvermittelt stecken, weil unter der Wasseroberfläche ein Baumstumpf oder eine Wurzel den Weg versperrt. Die Rhintour ist 18 km lang und ist vor allem im letzten Drittel deutlich verwunschener und als am Anfang.
Wir paddeln bis zu dem kleinen Ort Zechow. Hier besitzt der Bootsverleih einen Rastplatz mit Plumpsklo.
In Rheinshagen müssen wir die Kajaks ausbooten und umtragen. Hier befindet auch ein öffentlicher Rastplatz mit Imbissbude. Weiter geht es den Fluss entlang bis zur Fischaufzucht Zippelsförde, wo wir am Ende der Tour vom Bootsverleih abgeholt und zurück nach Rheinsberg gebracht werden.
Straßentrödel und letztes Mal Dorfidylle
Wir wollen weiter nach Rügen. Doch wir können uns noch nicht trennen, zu schön war diese Woche. Also gehen wir am letzten Tag nochmal zur Dorfbadestelle und fühlen uns fast schon ein bisschen heimisch. Selten war ich so entspannt und dieses Gefühl will ich nicht hergeben. Nach einem letzten ausgiebigen Bad im Pälitzsee wollen wir unbedingt noch den Kleinzerlanger Straßentrödel mitnehmen.
Ab mittags ist so viel Leben auf der Dorfstraße wie in der ganzen Woche zuvor nicht. Wir staunen. Und ja, man kennt sich, das ist deutlich zu spüren. Wir entdecken viele Hinterhöfe, in denen Ware angeboten oder selbstgemachte Limonade verkauft wird. Ich freue mich über eine Keramikdose in dänischem Design, die ich wirklich zu einem Schnäppchenpreis erstehe und mit diesem Erinnerungsstück in der Tasche habe ich das Gefühl, ich kann nun weiterziehen.
Fazit
Wer Entschleunigung sucht und zwar schnell, der passt hierher. Wer Trubel mag, der nicht. Kleinzerlang in Brandenburg ist ein unspektakuläres aber wundervolles Dörfchen mit zauberhafter Umgebung und vielen Möglichkeiten, den Urlaub mit Kindern aktiv zu gestalten. Wir sind offenen und freundlichen Menschen begegnet und hatten das Gefühl, „hier ist die Welt noch in Ordnung“, was uns gerade mit kleinen Kindern sehr entspannt hat. Die Umgebung ist unglaublich vielseitig und bietet gerade für naturverbundene Menschen, die gerne Radfahren, Wandern und sich im oder auf dem Wasser bewegen wollen, vielfältige Möglichkeiten. Ein bisschen Planung erfordert die Versorgung, denn im Dorf gibt es keinen Supermarkt, nur einen Bäcker. Unser Ferienhaus hat sich als echter Glücksgriff entpuppt. Wir jedenfalls waren hier sehr glücklich.
Karte
Hier geht unsere Sommerreise weiter:
Rügen – Tipps für die Halbinsel Mönchgut
Rügen Mönchgut: Tipps für Radtouren und Wanderungen